„Unsere Kinder wollen immer Süßigkeiten!“

Dass Kinder Süßes lieben, ist völlig normal. Entwicklungsgeschichtlich sind wir Menschen auf süß gepolt! Die Muttermilch schmeckt bereits, durch den enthaltenen Milchzucker, leicht süß und sogar das Fruchtwasser im Mutterleib hat einen süßlichen Geschmack und wird gern von den Babys getrunken.

Zuckerfreie Ernährung schützt vor Krankheit

Leider haben Süßigkeiten und die darin enthaltenen Zucker „Suchtpotenzial“. Wir gewöhnen uns sehr schnell an den Süßgeschmack und brauchen immer mehr davon, um es als angenehm zu empfinden. Zucker ist in unendlich vielen Lebensmitteln enthalten. Schaut man auf die Zutatenliste verschiedener Süßwaren und süßer Getränke, dann verbergen sich oft eine große Anzahl verschiedener Zucker darin, mit so wohlklingenden Namen wie Saccharose, Maltose oder Dextrose. Alle gehören der Gruppe der so genannten „niedermolekularen Kohlenhydrate“ an, die dem Körper sehr schnell als Energiequelle zur Verfügung stehen, die aber leider nichts anderes als „leere Kalorien“ enthalten.
Bei Süßigkeiten kommt neben Zucker auch häufig ein hoher Fettanteil dazu, wie in Chips oder Erdnussflips. „Kalorienbomben“ pur! Wer viel Zucker isst, ist häufiger von Zahnkaries, Übergewicht und daraus entstehenden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes betroffen. Manche Kindergartenkinder leiden heute schon unter dem früher als „Alterszucker“ bezeichneten „Typ-II-Diabetes“. Deshalb ist es sinnvoll und gut, Kinder möglichst lange zuckerfrei oder zuckerarm zu ernähren.

Generelle Verbote vermeiden!

Der Umgang mit Süßigkeiten und Snacks will gelernt sein. Dazu ein paar Tipps:
> Erklären Sie Ihren Kindern, warum sie Süßes in Maßen essen sollten.
> Vermeiden Sie generelle Verbote im Umgang mit Süßigkeiten.
> Legen Sie gemeinsam eine „süße Wochenration“ fest.
> Süßigkeiten eignen sich sehr gut als Abschluss einer Mahlzeit (anschließend die Zähne putzen!).
> Planen Sie bewusst Nachtische oder auch mal eine süße Zwischenmahlzeit am Nachmittag ein wie ein Stück Kuchen oder Kekse.
> Feste Naschzeiten erhöhen den Genuss, denn Vorfreude ist die schönste Freude.
> Regelmäßige Mahlzeiten beugen Heißhunger auf Süßes vor.
> Achten Sie auf bewusstes Genießen wie nur im Sitzen naschen. Das trägt auch zur besseren Kontrolle bei.
> Seien Sie Vorbild.
> Bieten Sie süße Getränke wie Säfte und Limonaden nur zu besonderen Anlässen an.
> Bevorraten Sie Süßes nur in kleinen Mengen.
> Sagen Sie Verwandten und Freunden, dass Sie keine Süßigkeiten als Geschenke oder Mitbringsel für Ihre Kinder möchten.
> Bieten Sie attraktive Alternativen an: Studentenfutter, Reiswaffeln, selbstgemachtes Popcorn, Salzstangen, Obstspieße, Rohkoststicks …
> Eine Portion extra wie etwa eine Handvoll Gummibärchen (30 g) und eine Handvoll Chips (25 g) ist Genuss und etwas Besonderes!

Elke Decher ist Diplom-Ernährungswissenschaftlerin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Zeitschrift Family erschienen.

„Zu viele Bälle in der Luft“ – ein Plädoyer gegen „Mutti-Tasking“

Die Sommerferien sind vorbei und das knalle Leben hat uns wieder wieder. Knallevoll, sag ich nur.
Nach der Corona-Pause starten wir wieder durch — unter Auflagen natürlich. Drei Schulkinder, Eltern, die beide Teilzeit arbeiten, Sportverein, Musikschule und die Royal Ranger öffnen wieder ihre Pforten. Am Ende der Woche hängt uns allen die Zunge bis zum Mundschutz. Alle Bälle wirbeln wieder in der Luft.
„Morgens Zirkus, abends Theater“ steht frech grinsend auf der Postkarte, die uns vor der Toilette anstrahlt. Oh ja, ich fühle mich wie im Zirkus, jonglierend mit viel zu vielen Bällen. Da kommt noch ein Arztbesuch dazu, die Hosen der Kinder sind zu kurz geworden, meine Mutter hat Geburtstag, oh, und meine Zwillinge auch. Ach du Schreck, die Steuer!

Pure Verzweiflung

Klingt extrem nach „Mutti-Tasking“. Dabei habe ich gelesen, dass der Mensch eigentlich nicht in der Lage sei, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Vermutlich haben diese amerikanischen Hirnforscher keine Mütter untersucht. Man tut demnach nichts gleichzeitig, sondern zeitlich so kurz versetzt, dass es sich wie in einem Guss anfühlt.
Das viele Hin- und Her-Zappen von Themen und To-Dos im Alltag kosten mich Kraft und Nerven. Manchmal überkommt mich ein wahrer Gleichzeitigkeitswahn und ich breche innerlich zusammen und denke, ich werde nie wieder irgendetwas auf die Reihe kriegen. Entweder stürze ich verzweifelt aufs Bett oder ich brülle durch die Wohnung, dass jetzt endlich alle mal ihren Sch*** aufräumen sollen. Alle unerledigten Dinge, rumliegender Kram und Krümel halten sich die Bäuche vor Lachen. „Die Verrückte wieder, die kriegt uns eh nie.“

Einfach nur Haus, Herd und Herzen

Kurze Zeit später erhole ich mich von dem Wahn und atme wieder regelmäßig. Es tut mir immer leid, wenn meine Kinder meinen innerlichen Stress zu spüren bekommen. Ich bin unperfekt. In solchen Momenten wäre ich am liebsten eine Mama, die nicht mehr ist, als eine Mama. Keine zusätzlichen Verpflichtungen und Gedankenbaustellen. Einfach nur Haus, Herd und Herzen. Zu viele Bälle in der Luft? Nicht immer ist es einfach möglich, ein paar Bälle rauszunehmen, manchmal vielleicht schon. Es lohnt sich bei allem Jonglieren immer mal wieder zu prüfen, wohin meine Kraft und meine Zeit fließen. Zu viele Extras tun uns nicht gut, denn Mama sein ist nichts für Weicheier, da braucht man Nerven. Und Nerven gehen blank, bei zu viel Multitasking.

Alltag entstressen

Meine persönliche Quintessence: Erstens, weniger Handy im Beisein der Kinder! Und zweitens: Zeitfenster für Projekte einplanen, statt Dauerstress im Hinterstübchen!
Damit wäre schon mal einiges entstresst. Ich will nicht zu den dauergestressten Muttis gehören mit den tausend Aufgaben, zu denen unsere Gesellschaft uns nach sechs Wochen Mutterschutz einlädt. Morgens Zirkus, abends Theater? Ok. Dann aber mit Clownsnase und Popcorn.
Ich will mir und meinen Kindern planlose Zeiten gönnen, mit selbstgebackenem oder gekauftem Kuchen, mit spielen, rumalbern, Fotoalben gucken. Ich will da sein, wo ich unersetzlich bin. Also, ihr lieben Bälle, haltet mal schön die Luft an, ich jonglier jetzt langsamer.

Mit lieben Grüßen
Johanna Walter

Johanna Walter liebt ihren Mann und ihre drei Kinder. Sie ist Sozial- & Religionspädagogin, Musikerin und Autorin. www.johannawalter.de

 

Kinder und Medienkonsum – das gesunde Maß

Sollten Kinder so lange wie möglich von Fernsehen und Streamingsdiensten ferngehalten werden? Medienpädagogin Nadine Kloos sagt: nicht zwangsläufig.

Darf ich mein Kindergartenkind auch mal Fernsehen gucken lassen?
Na klar! Kinder lieben Geschichten. Sie sind wichtig für ihre Entwicklung: Sie vermitteln Orientierung, Wissen und machen Spaß! Gute Geschichten gibt es nicht nur in Büchern, sondern auch in Serien und Filmen. Solange Kinder kein Interesse daran zeigen: umso besser! Freies Spielen und Interaktion mit anderen haben Vorrang, denn sie sind die Grundlage für eine gesunde Entwicklung. Zeigen Kinder Interesse, dann häufig, weil es in der Familie präsent ist. Wenn Dauer und Regelmäßigkeit der Bewegtbildnutzung die anderen Tätigkeiten nicht überwiegen, können Kinder ab drei Jahren Bewegtbilder nutzen. Diese müssen natürlich alters- und kindgerecht sein!

Welche Inhalte sind denn für Kleine geeignet?
Ab drei Jahren können die Kinder einfachen Bewegtbildgeschichten folgen. Bei den Medienanfängern ist es besonders wichtig, dass es nur dosiert und in Begleitung von Bezugspersonen stattfindet. Die Geschichten müssen kurz und einfach aufgebaut sein, wenige Figuren haben, nicht mit Rückblenden und dergleichen arbeiten. Themen, die Kinder aus ihrem Alltag kennen, machen ihnen besonders Spaß. Fernsehanfänger sollten nicht länger als etwa 15 Minuten am Stück schauen, ältere Kindergartenkinder pro Tag maximal 30 Minuten, egal auf welchem Gerät. Am meisten profitieren Kinder, wenn sie sich aktiv mit dem Gesehenen auseinandersetzen können, über das Gesehene sprechen, Bilder dazu malen, Geschichten nachspielen oder basteln. Auf jeden Fall sollte das Anschauen von Filmen oder Sendungen in den Familienalltag eingebettet sein und ihn nicht dominieren!

Während der Corona-Pandemie durften viele Kinder öfter und mehr schauen. Wie können Familien wieder zu einem „normalen“ Fernsehkonsum finden?
Ich denke, die Mediennutzung wird sich mit weiteren Lockerungen von allein einpendeln und normalisieren: Wenn Kindergarten, Vereinssport und das Treffen mit anderen wieder erlaubt ist, wird auch die Lust auf menschliche Nähe, Kontakt, Austausch zunehmen und Antrieb sein. Wichtig ist gerade jetzt, regelmäßig medienfreie Zeiten einzulegen und für ausreichend Pausen und Frischluft zu sorgen. Machen Sie aus Medienzeiten gemeinsame Medienerlebnisse: Es macht Spaß, sich auf die Medienwelten von Kindern einzulassen! Man erfährt, was sie denken, erleben und was sie bewegt. Und weil immer nur von Konsum geredet wird: Medien können mehr als nur Abspielgerät sein! Kinder können zum Beispiel auch eigene Videos drehen. Das fördert die Medienkompetenz und regt gleichzeitig die Fantasie an.

Welche guten Alternativen gibt es für die Kleinen?
Alters- und kindangemessene Bücher und Hörangebote sind immer gut. Sie haben den Vorteil, dass jüngere Kinder sie zum Teil auch selbst steuern können: die CD anhalten, weil eine Stelle nochmal gehört werden will, das Buch zurückblättern, weil etwas übersehen wurde. Vor und zurück, so lange, bis etwas verstanden oder verarbeitet wurde. Das Tempo liegt sozusagen in der Hand der Kinder.

Nadine Kloos ist Medienpädagogin beim Elternratgeber „Flimmo“, der Angebote im TV, auf YouTube und bei Streamingdiensten einordnet und bewertet.

Interview: Ruth Korte

Das Interview ist zuerst in der Zeitschrift Family erschienen.