Tränen vor der Schule
Nach der Einschulung gehen wir oft davon aus, dass Kinder die neue Lebensphase ohne weitere Eingewöhnung meistern. Das ist aber keineswegs bei jedem Kind selbstverständlich, und das ist aus Kindersicht auch zu verstehen.
Der Schulstart ist eine große Veränderung. Unsere Kinder gehen aus einer behüteten und übersichtlichen Kitawelt einen großen Schritt weiter. In der Schule gelten auf einmal andere Regeln. Die bisher vertrauten Personen sind nicht mehr da, dafür aber neue Erwachsene, an die sie sich erst gewöhnen müssen. Die Kinder kennen sich manchmal untereinander noch nicht, und es werden plötzlich eine Menge neuer Anforderungen gestellt. Während wir Eltern die Kindergartenzeit zudem sehr eng begleitet haben, müssen wir mit der Einschulung noch einen Schritt weiter zurücktreten. Das ist ungewohnt für alle – und so erklärt sich meistens auch der kindliche Trennungsschmerz.
Freunde helfen beim Loslösen
Zunächst ist es wichtig zu unterscheiden, ob es Ihrem Kind tatsächlich nur in dieser morgendlichen Situation schwer fällt, sich zu lösen oder ob es in der Schule ein grundsätzliches Problem gibt. Hierzu ist es wichtig, gut zuzuhören und auf Ihr Kind zu schauen und aufmerksam für Dinge zu sein, die es ihm vielleicht schwer machen.
Wenn es tatsächlich um den Abschied geht, können folgende Dinge helfen: Wenn Ihr Kind schon Freunde gefunden hat, kann es das morgendliche Loslösen erleichtern, wenn sie ein anderes Kind auf dem Schulweg treffen könnte und die beiden dann zusammen in Richtung Klasse verschwinden.
Im Kindergarten hilft den Kindern oft das vertraute Kuscheltier, wenn sie sich anfangs eingewöhnen. In der Schule laufen sie natürlich nicht mehr mit dem Teddy im Arm rum – aber ein kleines Kuscheltier oder ein anderer vertrauter Gegenstand im Schulranzen können Trost und Sicherheit spenden.
Fällt es Ihnen auch schwer?
Daneben ist es gut, wenn Sie sich hinterfragen: Wie geht es Ihnen mit dem Schulstart? Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Kind dort gut aufgehoben ist? Gehen Sie optimistisch in diese neue Lebensphase Ihres Kindes? Oder sind auch Sie etwas unsicher? Falls dem so ist, ist es gut, mit anderen Erwachsenen darüber zu reden und sich mit eigenen Sorgen und Ängsten auseinanderzusetzen. Sollte sich herausstellen, dass Ihnen das Loslassen am Morgen tatsächlich auch schwerfällt, sollten Sie überlegen, ob Ihre Tochter von einer anderen Bindungsperson zur Schule gebracht werden kann.
Letztlich bleibt es jedoch eine Übergangssituation, die man manchmal einfach nur zusammen mit dem Kind aushalten kann. Oft möchten wir den Schmerz wegnehmen oder zumindest erleichtern. Doch oft ist nicht das Vermeiden, sondern das Aushalten und Begleiten von Schmerz unsere Aufgabe als Eltern.
Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin (familienberatung-albert.de) und lebt mit ihrer Familie in Kaufungen.
Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Family erschienen.