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Welche Regeln gelten?

Nicht alle Eltern haben die gleichen Erziehungsansichten. Zum Beispiel gelten nicht in allen Familien die gleichen Tischmanieren. Wenn man zu Besuch ist, kann es schon mal schwierig sein zu entscheiden: Wann passt man sich an und wann nicht?

Verschiedene Erziehungsvorstellungen kommen häufig unter Freunden vor. Auch, wenn wir uns als Freundinnen oder Freunde sehr ähnlich sind, kann es zu großen Differenzen darüber kommen, wie wir unsere Kinder erziehen. Das hängt damit zusammen, dass sich mit der Geburt eines Kindes unsere Rollenvielfalt erweitert. Die Rolle der Mutter und des Vaters entsteht, an die jeder andere Bilder, Erwartungen, Anforderungen, Wünsche und Ideen knüpft. Außerdem überlegen wir durch unsere eigenen Erziehungserfahrungen, was wir ähnlich wie unsere Eltern machen wollen, was wir anders oder besser machen möchten. Da weichen die Vorstellungen unter Freunden schon allein deswegen ab, weil wir in unterschiedlichen Familien groß geworden sind.

Regeln respektieren
Die unterschiedlichen Erziehungsansichten können sich dann mehr oder weniger deutlich bei Treffen zeigen, zum Beispiel dadurch, welche Regeln Eltern ihren Kindern beim Essen beibringen. So kann es sein, dass eine Mutter ihr Kind dazu anleitet, frühzeitig Messer und Gabel zu nutzen. Eine andere Mutter wiederum mag ihrem Kind das Ertasten der Mahlzeit mit den Fingern ermöglichen und Besteck erst später einführen.
Nun kann es vorkommen, dass die Tischmanieren eines Kindes, bei dem Sie zu Besuch sind, nicht zu Ihrer Idee von Erziehung passen. Vielleicht bringt Sie die Situation sogar in Schwierigkeiten, weil Ihr Kind plötzlich auch so essen möchte wie das andere Kind. Hier können Sie Ihrem Kind, auch im Beisein der anderen Mutter, frei erklären, dass jede Familie eigene Regeln entwickelt und dass diese Unterschiedlichkeit okay ist. Sie als Familie haben eben zum Beispiel die Grundsätze, sitzen zu bleiben, bis man fertig mit dem Essen ist, den Teller nicht leer essen zu müssen, Süßigkeiten zu reduzieren oder ähnliches. Sie können bei Ihrer Einstellung und Ihrem Erziehungsverständnis bleiben und trotzdem die Einstellung Ihrer Freundin zu diesem Thema – im besten Falle ohne Bewertung oder Kritik – stehen lassen.

Neugierig bleiben
Vielleicht ist es auch möglich, über die unterschiedlichen Erziehungsstile in entspannter Atmosphäre bei einer Tasse Kaffee zu sprechen, mit Respekt und Wertschätzung der Freundin gegenüber. Zeigen Sie sich neugierig! Hilfreiche Einstiegsfragen können sein: Was bringt dich dazu, so zu erziehen wie du erziehst? Gibt es Dinge, die du anders machen möchtest, als du es in deiner Kindheit erfahren hast? Was können wir voneinander lernen? Erzählen Sie auch von sich. Wie geht es Ihnen mit Ihren Erfahrungen? Hierüber kann Verständnis für die jeweiligen Ansichten entstehen. Und vielleicht ist es auch möglich, über die Differenzen oder einen Konsens zu sprechen und miteinander zu wachsen.
Wenn Sie Austausch auf Augenhöhe und Verständnis füreinander kombinieren mit der Freiheit, den Standpunkt der eigenen Erziehung einzunehmen, ist das auch ein Vorbild für Ihre Kinder. Auf diese Weise sehen sie, wie man mit unterschiedlichen Sichtweisen umgehen kann.

Sandra Schreiber ist Beraterin und systemischer Elterncoach in der christlichen Beratungsstelle „LebensRaum Gießen“.

Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Family erschienen.