Krieg spielen?

Krieg ist aktuell ein großes Thema. Auch bei den Kleinen. Manche Kinder spielen schon im Kindergarten „Krieg“.  Es kommt sogar dazu, dass Kindergartengruppe (Ukraine) gegen eine andere Gruppe (Russland) kämpft.  Wie sollte man als Eltern damit umgehen, wenn die Kleinen sogar ‚Kriegsmann‘ werden und gegen Putin kämpfen möchten?

Dass Kinder sich in diesem Alter auch spielerisch miteinander messen und „kämpfen“ oder „Krieg“ spielen, ist erst einmal nicht ungewöhnlich. Zum einen ermöglichen ihnen solche Raufspielchen, die eigenen Kräfte und Grenzen zu entdecken und auch Erfahrungen mit den Kräften und Grenzen anderer Menschen zu machen. Zum anderen verleiht ihnen das Schlüpfen in eine Rolle, in der sie als Superheld oder Krieger mit Waffen oder besonderen Kräften auftreten können, ein Gefühl von Macht und Stärke, das ihnen im normalen Alltag oft verwehrt bleibt.

Kinder verarbeiten im Spiel
So ist auch der Wunsch „Kriegsmann“ zu werden, einzuordnen. Es geht Kindern nicht darum, wirklich einmal in den Krieg zu ziehen und Menschen zu töten, sondern der eigenen Hilflosigkeit, die Kinder in dieser Krise spüren, etwas entgegenzusetzen. Was man hier beobachten kann, ist Teil einer spielerischen Verarbeitung von Realität, die die Kinder gerade miterleben müssen.
Wir alle spüren ja im Moment ein Gefühl von Machtlosigkeit, wenn wir den Krieg in der Ukraine beobachten. Nur haben wir als Erwachsene andere Möglichkeiten, damit umzugehen. Kinder finden hier einen Ausweg über Spiel und magisches Denken. Da wird ein kriegsführender Diktator auf einmal besiegbar wie eine Gruppe anderer Vierjähriger, und ein kleiner „Kriegsmann“ kann kommen und ihn stoppen.

Die Bedürfnisse dahinter
Vor diesem Hintergrund ist das reine Verbot dieses Spiels auch nicht zielführend. Wenn Eltern oder das pädagogische Personal in der Kita trotzdem ein ungutes Gefühl bei diesem Spiel haben – was angesichts der Lage nachvollziehbar ist – ist es besser, die dahinterstehenden Bedürfnisse auf andere Art zu füllen: Zum einen sollte es Raum zum Toben, Raufen und Kämpfen geben, der von den Erwachsenen so gestaltet wird, dass sich die Kinder darin möglichst frei ausleben dürfen. Erwachsene und Kinder können sich gemeinsam Fantasiegestalten ausdenken, die dort aufeinandertreffen.
Zum anderen muss aber auch Raum da sein, mit dem Krieg in der Ukraine umzugehen: Hier geht es vor allen Dingen darum, den Blick der Kinder auf das zu lenken, was sie tun können, um zu helfen, und wo ihre tatkräftige Unterstützung wirklich nützlich sein kann. Es geht darum, der Machtlosigkeit Selbstwirksamkeit entgegenzusetzen.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit Ihrem Mann und Ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter www.eltern-familie.de

Der Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Family erschienen.